Rede von Hubertus Heil zum Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz

Hubertus Heil (Peine) (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolle­ginnen und Kollegen! Leistung und nicht Herkunft soll zählen.Mit diesem Gesetzentwurf machen wir deutlich, dass wir in diesem Land auch Aufstieg durch Fortbildung wollen und dass wir Menschen, die sich anstrengen, die sich im Job weiterbilden und vorankommen wollen, un­terstützen und Hürden aus dem Weg räumen.Deshalb ist das ein guter Gesetzentwurf.

(Beifall des Abg.Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Das reiht sich ein – die Ministerin, der Kollege Rabanus und Herr Dr. Feist haben Details des Gesetzentwurfes schon referiert – in eine ganze Kette von Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, um die berufliche Bildung in diesem Land voranzubringen.

Ich will auch noch einmal daran erinnern, was wir mit diesem Gesetzentwurf insgesamt auf den Weg bringen: die Öffnung der Förderung für die Bachelorabsolventen, die Anhebung der Unterhaltsbeträge, den einkommens­unabhängigen Kinderbetreuungszuschlag für Alleiner­ziehende, das Attraktivitätspaket Meisterstück, die Er­höhung des maximalen Maßnahmenbeitrages und die Erhöhung des Vermögensfreibetrages.

Daneben ist mir ganz wichtig – das ist uns im Ge­setzgebungsverfahren gelungen –, dass wir auch dafür gesorgt haben, dass der Zuschuss für Maßnahmen auf 40 Prozent erhöht wird.Überall wird über Gebührenfrei­heit in der Bildung geredet. Das finden wir Sozialdemo­kraten auch richtig.Ich denke beispielsweise an die Ab­schaffung der Studiengebühren, die bundesweit gelungen ist.Wir sorgen nun dafür, dass auch die Meistergebühren für die betroffenen Menschen gesenkt werden.Das ist ein ganz wesentlicher Schritt.

(Beifall bei der SPD)

Gemeinsam haben wir als Koalitionsfraktionen aus einem guten Gesetzentwurf einen noch besseren Gesetz­entwurf gemacht.Frau Wanka, deshalb sind wir nicht nur diejenigen, die Sie auf diesem Weg unterstützen, sondern wir selbst sind ein bisschen stolz darauf, dass wir das gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen geschafft ha­ben.Den Haushältern und den Berichterstattern, Herrn Dr. Feist und Herrn Rabanus, ist zu Recht gedankt wor­den.Das ist ein richtig guter Gesetzentwurf geworden.Damit können wir uns wirklich sehen lassen.Dafür ganz herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber ich habe es schon gesagt: Das ist eine ganz zentrale Maßnahme, die wir heute mit der zweiten und dritten Lesung abschließen.Frau Ministerin, ich bin mir sicher, dass das Signal, das Sie an alle Länder gegeben haben, unser gemeinsames Signal ist.Wir stehen ge­meinsam in der Verantwortung für das Meister-BAföG; auch das sagen wir sehr deutlich.Wie gesagt: Es ist eine zentrale Maßnahme, um Hürden tatsächlich wegzuräu­men und gleichzeitig für die Attraktivität der beruflichen Ausbildung in diesem Land zu sorgen.Wir geben auch denjenigen eine Perspektive, die sich im Beruf fortbilden wollen.Damit sorgen wir für Durchlässigkeit.

Das Ganze reiht sich in ein größeres Maßnahmenpa­ket der gesamten Bundesregierung ein.Mit der Allianz für Aus- und Weiterbildung – das ist mir ganz wichtig – ist es dieser Regierung gemeinsam mit den Sozialpart­nern gelungen, einem Trend entgegenzuwirken, der in den letzten Jahren leider um sich gegriffen hat, dass näm­lich fast alle nach Fachkräften rufen, aber die Zahl der beruflichen Ausbildungsplätze in den letzten Jahren eher zurückgegangen ist.Wir haben im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung – dafür hat sich federführend Minister Gabriel eingesetzt – gemeinsam mit den Sozial­partnern, der Wirtschaft und den Gewerkschaften dafür gesorgt, dass es eine Trendumkehr gegeben hat.Es gibt wieder mehr Ausbildungsplätze in Deutschland.Das ist die erste gute Nachricht für junge Menschen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die zweite gute Nachricht ist, dass wir im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung über öffentliche Un­terstützung vor allen Dingen etwas für die jungen Men­schen getan haben, die es besonders schwer haben.Wir unterstützen zum Beispiel benachteiligte junge Menschen mit Maßnahmen der Assistierten Ausbildung.Damit ma­chen wir deutlich: Wir lassen kein Kind und keinen Ju­gendlichen zurück.Wir wollen nicht länger zusehen, dass noch immer 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 30 Jahren ohne jede Form von beruflicher Erstausbildung dastehen.Wir können nicht über Fachkräftemangel jam­mern und diesen jungen Menschen keine zweite Chance geben.Auch da haben wir uns auf den Weg gemacht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt kommt, wie gesagt, das Meister-BAföG für dieje­nigen, die schon qualifiziert sind und nach vorne wollen. Das hat noch einen weiteren Effekt: Wenn diese Men­schen Meister werden, sind das auch mögliche Ausbilder.Insofern ist das eine richtig gute Tat.Wir haben auch für Durchlässigkeit im Bereich des Bachelors gesorgt.Wir werden mit dem BBiG die Strukturen im Bereich der be­ruflichen Bildung noch in dieser Legislaturperiode weiter zu modernisieren haben.

Warum erwähne ich das alles? Weil mir angesichts bestimmter Debatten, die unter dem Stichwort „Akade­misierungswahn“ geführt werden, ein bisschen bange ist.Es ist richtig: Es ist der Öffentlichkeit und uns allen in den letzten Jahren zu wenig bewusst gewesen – das stand zu wenig in den Zeitungen –, welchen Wert wir in Deutschland mit unserer speziellen beruflichen Ausbil­dung im dualen System, aber auch im berufsfachlichen Bereich im Vergleich zu anderen Ländern haben.Da sind OECD-Studien falsch gelesen worden, als es die Diskus­sion über die Akademisierung gegeben hat.Wir sind mit Portugal und Spanien verglichen worden.Heute wissen wir: In diesen Ländern gibt es unsere Form der Ausbil­dung nicht.Das ist ein Grund für die hohe Jugendarbeits­losigkeit in diesen Ländern.

Wir müssen nur ein bisschen aufpassen, dass das Pen­del jetzt nicht in die falsche Richtung ausschlägt.Es geht nicht an, dass wir akademische und berufliche Bildung gegeneinander ausspielen.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das macht doch keiner!)

Das tun einige in der öffentlichen Debatte.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Wer?)

Darunter ist auch jemand, den ich persönlich gerne mag und der diesen Begriff mit erfunden hat – ein Philosoph aus München.

Ich sage an dieser Stelle: Das ist kein Nullsummen­spiel.Wir setzen auf Gleichwertigkeit und auf Durchläs­sigkeit, weil wir alle Potenziale und Talente in diesem Land zur Entfaltung bringen wollen.Mit dem Meis­ter-BAföG öffnen wir dafür Wege.Deshalb ist das ein guter Tag für die berufliche Bildung und für das Bil­dungssystem insgesamt.Es ist ein guter Tag für viele Menschen in Deutschland, die demnächst eine Chance haben werden, die sie bisher nicht gehabt haben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)