Rede von Hubertus Heil zu den Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministers zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei Kohlekraftwerken und zur Förderung der Kraftwärmekopplung


Vizepräsidentin Petra Pau:

Der Kollege Hubertus Heil hat für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am Ende einer solchen Debatte muss man feststellen, Frau Kollegin Bulling-Schröter, dass wir heute über zwei Punkte diskutieren, nämlich über das Thema Klimabeitrag aus dem Kraftwerkspark und über das Thema Kraft-Wärme-Kopplung. Das lässt uns aus den Augen verlieren, dass dieses Thema in eine Reihe von Vorschlägen eingebettet ist, die nur ein Ziel haben: Wir wollen und müssen dafür sorgen, dass die Energiewende nicht entgleist, dass sie wieder auf die Erfolgsspur kommt. Die Ziele, die wir vertreten, sind gleichrangig, nämlich eine saubere, versorgungssichere und bezahlbare Energieversorgung in Deutschland zu gewährleisten. Deshalb sage ich: Das Maßnahmenpaket, das der Bundeswirtschaftsminister in der letzten Woche vorgelegt hat, reiht sich in das ein, was wir im letzten Jahr begonnen haben. Nachdem jahrelang Reformen, die notwendig gewesen wären, liegen geblieben sind – auch bei der Vorgängerregierung –, müssen wir dafür sorgen, dass das Ganze wieder in Ordnung gebracht wird.
Wir haben im letzten Jahr mit der EEG-Reform dafür gesorgt, dass wir erstens verlässliche Ausbaupfade für die erneuerbaren Energien bekommen, dass wir zweitens die Kosten einigermaßen im Griff behalten und dass wir drittens die notwendigen Ausnahmetatbestände für energieintensive Betriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen, erhalten konnten. Das war harte Arbeit. Das war der erste Schritt.
Letzte Woche ist vom Ministerium ein Paket mit Eckpunkten vorgelegt worden, die insgesamt vier Themen behandeln, zum einen die Frage: Wie gehen wir jetzt bei der Frage der Ordnung am Strommarkt, des Strommarktdesigns, weiter vor? Das Bundesministerium schlägt vor, dass wir uns auf den Weg der Ertüchtigung des Strommarktes begeben – Stichwort Strommarkt 2.0 –, dass wir mit einer Kapazitätsreserve arbeiten, nicht mit dem Instrument der Kapazitätsmärkte. Unsere Aufgabe wird es in den nächsten Wochen sein, in den Koalitionsfraktionen mit dem Minister gemeinsam zu beraten, wie das ausgestaltet wird, damit wir beim stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien niemals die Versorgungssicherheit in diesem Land gefährden, die ein hohes Gut für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist. Auch wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, brauchen wir in diesem Land eine gesicherte Stromleistung. Dies kosteneffizient und sicher zu organisieren, ist die erste wichtige Aufgabe.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens geht es in diesem Zusammenhang auch um das Thema Kraft-Wärme-Kopplung. Ich finde es richtig, dass das Ministerium einen Vorschlag unterbreitet hat, der KWK stärkt oder zumindest dafür sorgt, dass diejenigen, die in den letzten Jahren im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung in hocheffiziente Kraftwerke für die allgemeine Versorgung investiert haben, eine Chance bekommen, diese Kraftwerke wirtschaftlich zu betreiben, damit sie am Netz bleiben und damit auch einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Herr Minister, das, was Sie da vorschlagen – übrigens im Interesse vieler Stadtwerke und Kommunen in diesem Land –, ist ein ganz wesentlicher Schritt, den die SPD-Bundestagsfraktion massiv unterstützt.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns in diesem Zusammenhang auch Fragen stellen müssen. Es ist richtig – der Minister hat darauf hingewiesen –: Wenn man alle Ausbauziele im Bereich der KWK gleichzeitig propagieren würde, würden die Kosten um 2 bis 3 Milliarden Euro steigen. Wir müssen auch da die Kosten, den Strompreis, im Blick behalten. Ich sage aber trotzdem: Wir werden schauen, ob eine Fokussierung im allgemeinen Bestand nur auf Gas tatsächlich der richtige Weg ist.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das auch noch?)

Es kann dann sein, dass 1 Milliarde Euro nicht ganz ausreicht und wir vielleicht an einem anderen höheren Deckel arbeiten müssen. Das werden wir miteinander prüfen. Aber der Weg ist in diesem Bereich richtig, und von einem Abbruch im Bereich der KWK kann keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

Drittens: das Thema Netzausbau. An die Kollegen von der CDU gerichtet: Da gibt es überhaupt keine Diskussion zwischen CDU und SPD; wir sind uns da einig. Es gilt aber auch für den dritten Koalitionspartner, dass wir uns daran erinnern sollten, was dazu unmissverständlich im Koalitionsvertrag steht. Mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich den Satz zitieren:
Für den Ausbau des Übertragungsnetzes stellt der Bundesbedarfsplan auch in Zukunft das zentrale Instrument dar.
Ich sage Ihnen: Die Netzintegration ist notwendig. Sie ist miteinander beschlossen worden. Da gilt, frei nach Franz Josef Strauß, der alte Satz: Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Diese Investitionssicherheit brauchen wir auch in Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Viertens: die Frage des Beitrags des Kraftwerksparks zur Erreichung der Klimaschutzziele, auch des 40-Prozent-Ziels, bis zum Jahre 2020. Die Klimaschutzziele sind in diesem Haus hundertprozentiger Konsens und wurden nie infrage gestellt. Sie wurden am 3. Dezember mit einem Kabinettsbeschluss hinterlegt, bei dem man sich verschiedene Sektoren vorgenommen hat, durchaus auch den Wärmesektor. Für die energetische Gebäude-sanierung stehen zukünftig, weil Sigmar Gabriel dafür gekämpft hat, 2 Milliarden Euro zusätzlich zum Marktanreizprogramm zur Verfügung. Wir schauen nicht nur auf den Kraftwerkspark; wir schauen beispielsweise auch auf den Wärmesektor, den Gebäudesektor und den Verkehrssektor.
Klimaschutzziele kann man nicht allein im Kraftwerkspark umsetzen, es sei denn, man will Deutschland deindustrialisieren; das ist ganz klar. Aber es ist eben auch richtig, dass das Bundeskabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf der internationalen Konferenz in Paris mit anderen Ländern dieser Welt verhandlungsfähig sein will, beschlossen hat, dass der Kraftwerkspark bis 2020 einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Umfang von 22 Millionen Tonnen leisten soll. Deshalb sagen wir: Wir unterstützen die Bundeskanzlerin und den Bundeswirtschaftsminister, damit Ernst zu machen, und der Koalitionspartner ist genauso eingeladen, die Bundeskanzlerin bei diesem Ziel zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Wir können gerne darüber reden, wie wir es umsetzen. Ich sage: Das vorgeschlagene Instrument ist interessant. Wir müssen es hinsichtlich der Frage, welche Auswirkungen es auf den Strompreis hat, und der Frage, was es für einzelne Regionen im Strukturwandel bedeutet, überprüfen. Das muss man vernünftig miteinander besprechen und dann ausgestalten. Aber nichts tun, Kollege Pfeiffer, sich wegducken bei der ganzen Sache, das zählt nicht.

(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das -machen wir nicht!)

Wir werden gemeinsam ein Instrument finden müssen. Das sind Sie Ihrer Kanzlerin, vor allen Dingen aber dem Klimaschutz in Deutschland schuldig, meine Damen und Herren.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist sich die GroKo echt mal einig heute!)

Ich komme zum Schluss.

Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Heil, dieses Gespräch mit dem Koalitionspartner müssen Sie jetzt an anderer Stelle fortsetzen. Sie haben die Zeit überschritten.

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Das mache ich gerne, Frau Präsidentin. Gestatten Sie mir bitte einen Schlusssatz. – Meine Damen und Herren, die SPD-Bundestagsfraktion wird Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf dem Weg unterstützen. Wir wollen und wir werden es schaffen, eine sichere, eine saubere und eine bezahlbare Energieversorgung langfristig in Deutschland zu erreichen. Wir sind jetzt auf dem Weg, unterstützen Sie uns dabei.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)