Rede von Hubertus Heil zum Bundeshaushalt Arbeit und Soziales

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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Der Kollege Hubertus Heil hat das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau von der Leyen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die arbeitsuchenden Menschen in die¬sem Land brauchen mehr als Ihre warmen Worte. Die brauchen Taten. Sie sind Ministerin.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Und was für eine!)

Sie beschreiben schön die Zusammenhänge.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Die ist doch wirklich gut, nicht wahr?)

Sie kritisieren, was andere wollen. Sie sagen aber nicht, was Sie selbst wollen. Das ist für eine Bundesministerin für Arbeit und Soziales ungenügend.

(Beifall bei der SPD)

Gehen wir die einzelnen Punkte einmal durch. Es war viel die Rede von Fördern und von Fordern. Auf einmal heißt es wieder: Hilfe aus einer Hand. Herzlich willkom¬men im Klub! Vor ein paar Wochen haben Sie noch von Hilfe unter einem Dach gesprochen. Es ist sehr vernünftig, dass Sie wieder auf sozialdemokratische Positionen einschwenken, zumindest verbal. Bemühen wir uns, dass wir das hinkriegen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wer mit zwei Händen gibt, gibt mehr als mit einer!)

Aber was nützt die Hilfe aus einer Hand, wenn es eine leere Hand ist? Herr Barthle, so einfach können Sie sich das nicht machen. Sie haben im Bereich der aktiven Ar¬beitsmarktpolitik ohne Not 900 Millionen Euro gesperrt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt kriegen Sie sich mal wieder ein!)

Es ist zynisch, wenn die FDP so etwas beantragt und im gleichen Zuge über die Arbeitsunwilligkeit von Lang¬zeitarbeitslosen räsoniert. Wer denen die Chancen raubt, der darf nicht über vermeintliche Arbeitsunwilligkeit rä¬sonieren. Das wäre zynisch. Deshalb ist unser Antrag heute klar: Heben Sie diese Sperre auf! Sie nimmt den Menschen Chancen auf Arbeit. Den Menschen Chancen zu geben, muss aber unser Ziel sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sie haben der Ministerin wohl nicht zugehört, Herr Heil! Denn dann wären Sie klüger!)

– Herr Barthle, es ist interessant, dass die Ministerin, sozusagen aus Ärger über die eigenen Haushälter, wieder beim Haushaltsausschuss angekrochen kommen muss, um die Aufhebung dieser Sperre zu beantragen. Aber die Folgen in der Praxis – schauen Sie sie sich in den Argen an – sind frappierend.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Aha! Sehr inte¬ressant! Haben die etwa schon 11 Milliarden Euro verbraucht? Sie reden doch so einen Stuss! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist definitiv Blödsinn!)

Da Sie Herrn Weise zitiert haben, sage ich Ihnen: Ich kann mir vorstellen, wie das gelaufen ist. Die Folgen der Kürzungen, die Sie planen, sind in der Bundesagentur für Arbeit berechnet worden. Vor Ort wird es 100 Argen, 100 Jobcenter geben, die in der zweiten Jahreshälfte keine aktive Arbeitsmarktpolitik mehr machen können. Das ist die Folge Ihrer Politik.

(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Ach was! Das tritt nur in dem Fall ein, wenn die Sperre nicht aufgehoben wird! Das ist doch schäbig, was Sie hier machen! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir sind noch in der ersten Hälfte!)

Frau von der Leyen hat wahrscheinlich Wut bekom¬men, dass die Bundesagentur die Wahrheit beschrieben hat. Dann hat sie Herrn Weise angerufen, ihn zurückgepfiffen und ihn aufgefordert, sich freundlicher zu äußern, da sie ja beantragen werde, dass die Sperre wieder auf-gehoben wird.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Blödsinn!)

Aber bis dahin herrscht in den Jobcentern Attentismus. Die Maßnahmen für die zweite Jahreshälfte müssen be¬antragt werden, damit die Leute Chancen haben. Das scheitert im Moment an Ihnen.

(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: So ein Unsinn! – Gegenruf des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD]: Reden Sie vor Ort mit den Leuten! Ihre Politik ist eine Katastrophe!)

Ich will Ihnen eines sagen: Ich befürchte, das, was Sie mit dieser Sperre versuchen, ist nur ein Wetterleuchten für das, was Sie in der zweiten Jahreshälfte, vor allen Dingen nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl, im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik tatsächlich vorhaben. Sie wollen für Ihre verfehlte Steuer- und Klientelpolitik die aktive Arbeitsmarktpolitik zu einem Steinbruch machen. Das heißt nichts anderes, als dass Sie, um FDP- und CDU/CSU-Klientel zu bedienen, be¬reit sind, den Schwächsten der Schwachen die Chancen zu rauben. Das geht so nicht, und wir werden das attackieren.

(Beifall bei der SPD)

Frau von der Leyen, gänzlich geschwiegen haben Sie heute wie so oft zum Thema „Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Sie davon sprechen, dass unser Ziel nach wie vor sein muss, wo immer es geht Menschen in den ersten Ar-beitsmarkt zu bringen.
Aber Sie verschließen die Augen davor, dass in vielen Bereichen die Arbeit prekär geworden ist und dass es politische Maßnahmen braucht, um dafür zu sorgen, dass Menschen in ordentliche Arbeit kommen, in anständige Arbeit, in Arbeit, von der sie leben können. Es ist ein Zynismus sondergleichen, wenn FDP und CDU/CSU Menschen, die Vollzeit arbeiten, Leistungsträger, zu Leistungsempfängern machen, indem sie den Menschen einen Mindestlohn nach wie vor vorenthalten und sie dazu zwingen, zum Amt zu gehen und ergänzend Arbeitslosengeld II zu beziehen. Machen Sie Schluss mit der Aufstockerei! Sorgen Sie für Mindestlöhne, für an-ständige Löhne, für Löhne, von denen die Menschen le¬ben können! Das ist die Aufgabe einer Arbeitsministerin.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Kollege Heil, Ihr Kollege Schaaf würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Gerne; herzlichen Dank!

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist eine bestellte Zwischenfrage!)

Anton Schaaf (SPD):
Ich stelle normalerweise keine solche Zwischenfrage. Aber die Ministerin hat in ihrer Rede zu den zentralen Fragen, zum Beispiel zur Aufstockerproblematik – die Sie, Kollege Heil, zu Recht angesprochen haben –, vor allen Dingen aber zum Thema „Zeit- und Leiharbeit“, insbesondere vor dem Hintergrund der Freizügigkeit, nun wirklich überhaupt kein Wort gesagt.
Herr Kollege Heil, Sie haben vielleicht die Äußerungen des Arbeits- und Sozialministers von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, CDU, wahrgenommen. Herr Laumann hat am Wochenende gesagt: Wir müssen gerade in diesem Bereich unbedingt handeln. Herr Heil, stimmen Sie mit mir überein, dass Herr Laumann recht hat? Würden Sie mir recht geben, dass wir in diesem Bereich unbedingt einen Mindestlohn brauchen?
Würden Sie mir darüber hinaus recht geben, dass es die Unionsfraktion war, dass es Volker Kauder war, dass es Staatssekretär Brauksiepe war, die in der letzten Legislatur verhindert haben, dass im Bereich der Zeit- und Leiharbeit für Recht und Ordnung gesorgt wird?

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Herr Kollege Schaaf, ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Frage.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Diese Frage war bestellt! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Peinlich!)

– Ja; aber ich werde sie jetzt beantworten. Das ist mein gutes Recht. – Dieses Thema spielt bei Frau von der Leyen gar keine Rolle; aber es beschäftigt die Menschen – da können Sie aus der Unionsfraktion noch so zurufen.
Es ist tatsächlich so, dass es ein System von der Leyen gibt: Man informiert sich aus Umfragen, was die Menschen wichtig finden, nimmt das als Aufreißer – und wendet sich dann gleich dem nächsten Thema zu. So war es auch im Fall Schlecker. Frau von der Leyen hat sich groß aufgeblasen, die Zustände bei Schlecker seien ein Unding XXL. Es geht aber nicht darum, moralische Appelle vom Stapel zu lassen, es geht darum, für Recht und Ordnung zu sorgen und gegen den Missbrauch von Zeit- und Leiharbeit vorzugehen. Dafür muss man ers¬tens den Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche, den CDU/CSU und FDP verhindern, durchsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens muss man dafür sorgen, dass für Zeit- und Leiharbeitnehmer wie für Stammarbeitnehmer der Grundsatz gilt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das schafft Sicherheit, das sorgt für Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt.
In Nordrhein-Westfalen, Herr Schaaf, läuft das glei¬che System von der Leyen ab, nur dass da das Exemplar Laumann heißt. In einem Interview für die aktuelle Aus¬gabe des Spiegel hat er sich gegen den Missbrauch von Zeit- und Leiharbeit gewendet. Doch was machen seine Parteifreunde in Berlin? Wir müssen Tatenlosigkeit fest¬stellen.
Frau von der Leyen, wo ist Ihr Konzept für den Kampf gegen den Missbrauch von Zeit- und Leiharbeit, gegen Scheintarifverträge, gegen Entwicklungen, die an¬ständige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Be¬drohung auf sich zukommen sehen, weil sie feststellen müssen, dass ihre Rechte und ihre Löhne untertunnelt werden durch den Missbrauch von Zeit- und Leiharbeit? Sorgen Sie endlich für Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt!
Herzlichen Dank, Herr Schaaf, für die Gelegenheit, über diesen Punkt zu sprechen.

(Beifall bei der SPD – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Wie soll das funktionieren, wenn Ihre eigenen Leute Sie nicht verstehen?)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Kollege Heil, auch Frau Winterstein hätte noch eine Frage an Sie.

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Ja, gerne.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Bitte schön.

Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Herr Heil, Sie haben gerade gesagt, dass die Argen zur Jahresmitte hin keine Gelder mehr hätten, um dafür Sorge zu tragen, dass ihre Mitarbeiter weiter beschäftigt werden können.

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Das habe ich nicht gesagt.

Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Meine Frage an Sie ist: Wollen Sie damit behaupten, dass für die zweite Jahreshälfte nur noch 900 Millionen Euro gebraucht werden

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gute Frage!)

und in der ersten Jahreshälfte quasi 10,1 Milliarden Euro schon ausgegeben worden sind?

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Noch besser!)

Das wäre eine sehr seltsame Art des Wirtschaftens. Ich glaube kaum, dass man in der zweiten Jahreshälfte mit 900 Millionen Euro auskommen kann.
Meine zweite Frage ist: Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen einer Sperre und einer Kürzung? Wenn nicht, können Sie sich gerne bei uns erkundigen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Die Frage entlarvt den ganzen Unsinn der Rede!)

Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Frau Winterstein, danke für die Gelegenheit, diese beiden Fragen zu beantworten; auch wenn Sie mir Sätze unterstellt haben, die ich ausweislich des Protokolls nicht gesagt habe.
Aber fassen wir es zusammen: Erstens. Sie haben eine Haushaltssperre für zwei Bereiche beantragt, nämlich für 300 Millionen Euro im Bereich der Arbeitsvermittler und für 600 Millionen Euro im Bereich der aktiven Ar¬beitsmarktpolitik.

Es gibt einen schönen Vermerk der Bundesagentur für Arbeit, in dem die Folgen Ihres Tuns beschrieben wer¬den; darin wird ausgeführt, was passiert, wenn die Sperre nicht aufgehoben wird. Es wird beschrieben, dass in der zweiten Jahreshälfte in über 100 Jobcentern in Deutschland – das habe ich gesagt, und ich bleibe dabei – keine zusätzliche Bestellung von aktiver Arbeits¬marktpolitik mehr möglich ist.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Genau!)

Sie wissen vielleicht – ich hoffe, Sie wissen es, ich hoffe, dass Sie zumindest einmal in der Bundesagentur in Nürnberg nachgefragt haben; es wäre ganz gut, wenn sich Haushälter, die zuständig sind, in einem Jobcenter auch einmal umschauen und mit Praktikern reden würden –,

(Dr. Claudia Winterstein [FDP]: Ich war gerade vor zwei Wochen in einem solchen!)

dass die Maßnahmen für Langzeitarbeitslose in der zweiten Jahreshälfte, die notwendig sind, um sie mit be¬gleitenden Hilfen wieder in Arbeit zu bringen, jetzt be¬stellt werden müssen.
Frau von der Leyen hat vorhin davon gesprochen, dass wir einen guten Service für Langzeitarbeitslose brauchen und dass sie eine Betreuung aus einer Hand be¬nötigen. Wir erreichen das nur, wenn die Relation zwi¬schen der Zahl der Jobvermittler und der Zahl der Lang-zeitarbeitslosen besser wird. Auch hier setzen Sie mit Ihrem Sparversuch die Axt an.

(Bettina Hagedorn [SPD]: 3 200 Stellen!)

Ich sage Ihnen: Das, was Sie da gemacht haben, hat sich schon jetzt als Unsinn herausgestellt. Deshalb haben einige in der Union ein schlechtes Gewissen. Ich sage Ihnen auch: Das ist nur das Wetterleuchten für das, was Sie und Ihre Fraktion nach der NRW-Wahl vorhaben. Wenn man Frau Homburger fragt, wo nach der Wahl ge-kürzt werden soll, dann sagt sie immer: in der Arbeits¬marktpolitik. Ich sage Ihnen, was Sie vorhaben: bei Hoteliers Geschenke verteilen und in der Arbeitsmarkt¬politik kürzen. Das nenne ich unanständig und verirrt, diesen Vorwurf müssen Sie sich auch gefallen lassen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Winterstein, den Unterschied zwischen einer Sperre und einer Haushaltskürzung kenne ich übrigens sehr wohl, ich weiß aber auch, was an dieser Stelle da¬hintersteckt. Sie haben insgesamt ein Misstrauen gegen aktive Arbeitsmarktpolitik.
In Ihrer Fraktion laufen ja auch Debatten gegen die Kurzarbeit. Das gilt auch für Teile des Wirtschaftsflü¬gels der Union. Sie haben die Regeln für die Kurzarbeit in diesem Bereich verschlechtert. Das hat Frau von der Leyen ja verschwiegen. Die Kurzarbeit wurde gelobt. Dieses Lob verdient Olaf Scholz. Sie haben sie zwar fortgesetzt, aber die Dauer verkürzt, und Sie haben nicht dafür gesorgt, dass die Remanenzkosten, also die Sozial-versicherungsbeiträge, auch über den 1. Januar 2011 hi¬naus übernommen werden können.
Sie sagen nichts zu dem, was in der Metall- und Elektroindustrie vereinbart wurde, also zu der kleinen Kurz¬arbeit. Das bedeutet ein Stück Arbeitszeitverkürzung und ein Stück Brücke in einer Zeit, in der wir Menschen in Beschäftigung halten wollen. Auch hier versagen Sie, weil Sie mit der Ideologie der FDP nicht zurechtkom¬men.
Dieser Koalitionspartner ist Ihr Problem, Frau Minis¬terin. Sie haben in früherer Funktion viel Richtiges machen können, weil Sie die Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion hatte. Jetzt haben Sie die falsche Un¬terstützung. Deshalb kommen Sie nicht voran.

(Beifall bei der SPD)

Frau Winterstein, habe ich das richtig mitbekommen, dass Sie noch eine Frage stellen wollten?

(Dr. Claudia Winterstein [FDP]: Nein, ich bin entgeistert!)

– Okay, dann machen wir das das nächste Mal.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Voraus¬setzung für die Erreichung des Ziels, Menschen in ordentliche Arbeit zu bringen, ist, dass es eine Bundes¬regierung gibt, die eine Konzeption in der Wirtschafts- und in der Arbeitsmarktpolitik hat. Wir werden gleich über den Haushalt von Herrn Brüderle zu sprechen ha-ben und dabei feststellen müssen: Es gibt keine Wachstumsstrategie dieser Bundesregierung in der Krise, es gibt warme Worte und in vielen Bereichen mehr Mittelmaß als Mittelstandspolitik, und es gibt kein Konzept in der Industriepolitik und kein Konzept in der Dienstleistungspolitik.
Die Beantwortung der Frage, wo die Arbeit von mor¬gen entsteht, müsste das zentrale Projekt dieser Bundes¬regierung sein – mit einer aktiven Wirtschaftspolitik. Die Beantwortung der Frage, wie wir die Menschen in die Arbeit von morgen bringen, wäre eine Aufgabe der Bun-desarbeitsministerin. Dies geschieht durch eine Beschäf¬tigungspolitik, mit der Menschen qualifiziert werden und mit der dafür gesorgt wird, dass sie Chancen im Le¬ben haben – vor allen Dingen diejenigen, die lange keine Chance hatten.
Frau von der Leyen, Sie sind vorhin auf billigste Art und Weise über die Vorschläge der SPD zur Arbeitsmarktpolitik hergefallen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Max Straubinger [CDU/CSU]: Sehr konstruktiv!)

Wir sagen ganz deutlich: Wir hatten den Mut zu Arbeitsmarktreformen, die bitter waren. Wir haben auch den Mut, weiterzudenken, wo ein Weiterdenken notwendig ist. Ich glaube, beides unterscheidet uns von Ihnen. Sie haben keine Ideen, und Sie haben keinen Mut, Neues zu wagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Über Konzepte von anderen herzuziehen und hier keine zu liefern, nenne ich billig, Frau von der Leyen.
Jetzt will ich Ihnen noch zu einem Punkt etwas sagen. Ich habe gelesen, dass Ihre Kanzlerin – schönen Gruß an sie – gestern behauptet hat, unser Vorschlag, keine Vermögensprüfung mehr durchzuführen, führe dazu, dass Langzeitarbeitslose ihre sechs, sieben, acht Häuser behalten können. Ich will Sie eines fragen: In welcher Welt, in der Langzeitarbeitslose sechs, sieben, acht Häuser haben, leben Sie eigentlich? Die Wahrheit ist doch: Wir wollen gerade, dass diese entwürdigende Prüfung nicht mehr stattfindet, weil sie in der Praxis, in der Realität keine Rolle spielt und weil die Leute nicht wollen, dass sie die Hosen herunterlassen müssen, wenn sie unverschuldet in Not geraten sind.
Ich sage Ihnen: Bauen Sie diese Bürokratie ab! Es ist falsch, diesen Weg weiter zu beschreiten. Sie haben ja schon mit dem Schritt beim Schonvermögen gezeigt, dass Sie begriffen haben, dass es dort ein Problem gibt. Seien Sie konsequent und kritisieren Sie nicht, was andere machen!
Konzeptionslosigkeit ist das eine, aber Ihr Prinzip, Frau von der Leyen, ist das Prinzip einer Kängurupolitik. Sie wollen mit leerem Beutel große Sprünge machen. Das wird nicht funktionieren. Deshalb sage ich Ihnen: Nachsitzen und Nachdenken ist das Mindeste, was wir von Ihnen erwarten können.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Axel E. Fischer [Karls¬ruhe-Land] [CDU/CSU]: Das wäre für den Herrn Heil mal gut, das Nachdenken!)