Rede von Hubertus Heil zum Haushaltsentwurf für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Einzelplan 09, Erste Lesung


Präsident Dr. Norbert Lammert:

Und nun erhält der bereits angekündigte Kollege Heil das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Hubertus Heil (Peine) (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin­nen und Kollegen! In fünf Minuten Redezeit einige Sätze zu meinen Vorrednern:

Erstens. Herr Claus, das Notwendige zum Thema Rüs­tungsexporte hat der Minister selbst klargestellt. Winston Churchill wird folgendes Zitat zugeschrieben: Glaube nur der Statistik, die du selbst gefälscht hast. – Wenn Sie Durchschnittszahlen nehmen und sie nicht unterlegen, wenn Sie nicht sagen, worum es geht, um Ihre Argumen­tation zu bekräftigen, dann ist das nicht nur wahrheits­widrig, sondern dann steckt im Kern auch eine ideolo­gische Lüge dahinter. Das müssen Sie sich sagen lassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Roland Claus [DIE LINKE]: Was Sie mir jetzt vorwerfen, trifft aber auch auf den Minister zu!)

Zweitens. Geschätzter Kollege Fuchs, eine Bitte habe ich für diese Debatte: Das Flüchtlingsthema ist mir zu wichtig, um hier alte ideologische Debatten über den Ar­beitsmarkt zu führen. Das muss ganz klar sein.

(Beifall bei der SPD)

Es kann nicht sein, dass diese Herausforderung zum Vor­wand genommen wird, um alles, was man schon immer richtig gefunden hat, hier auf die Tagesordnung zu set­zen.

Worum geht es praktisch? Wir haben einen großen Konsens in der Koalition, dass wir das gemeinsam schaf­fen wollen, dass wir die Stärke dieses wirtschaftlich starken und mitfühlenden Landes aktivieren wollen, um diese Riesenherausforderung bewältigen zu können, um die – wie hat der Minister das genannt? – dreifache Inte­grationsaufgabe leisten zu können: Erstens soll die große Zahl derjenigen, die hier eine Perspektive haben, die das Recht haben, dauerhaft hier zu bleiben – nicht alle haben das Recht, hier dauerhaft zu bleiben –, integriert werden. Dafür haben wir alles zu tun.Zweitens müssen wir un­sere Gesellschaft während dieses Prozesses zusammen­halten.Drittens müssen wir Europa zusammenhalten und auch auf dieser Ebene für Integration sorgen.

Das sind die drei Integrationsaufgaben, die wir haben. Da ist die Investition in Sprache, in den Zugang zum Arbeits­markt etwas, Herr Kollege Fuchs, was wir gemeinsam sehen. Was aber nicht passieren darf, ist, dass in der deut­schen Bevölkerung der Eindruck erweckt wird, dass das zum Vorwand für eine Deregulierung am Arbeitsmarkt führt, damit mit Billiglohnkräften hier gesellschaftlicher Unfrieden gestiftet wird.

(Beifall bei der SPD – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Wir haben doch den Mindest­lohn gemacht!)

Das muss ganz klar sein. Wenn das Konsens ist, dann ist das an dieser Stelle gut. Deshalb habe ich den Zu­sammenhang mit den Kontrollen beim Mindestlohn nicht ganz begriffen. Aber das besprechen wir vielleicht noch einmal.

(Beifall bei der SPD – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Völlig überzogen!)

Lieber Kollege Krischer, ich weiß nicht, womit Sie sich vor den Debatten immer betanken. Das muss irgend­ein Zaubertrank sein.

(Heiterkeit bei der SPD)

In der kurzen Redezeit so eine Suda von Polemik und Unterstellungen loszulassen,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Polemik? Ich war ausgesprochen nett heute!)

ist vielleicht dem innerparteilichen Wettbewerb um die Listenplätze der Grünen beim nächsten Mal geschuldet. Aber mit der Sache hat es wenig zu tun.

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN)

– Ich sage noch einmal: Wir können uns damit auseinan­dersetzen.

Wir haben in dieser Legislaturperiode energiepolitisch eine ganze Menge vorgelegt, nicht nur die EEG-Reform. Sie wissen ganz genau, dass jetzt ein sehr großes Paket vor uns steht.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Das kündigen Sie seit einem Jahr an! Es kommt aber nichts!)

Sie werden genug Gelegenheit haben, Ihre Kompetenz in der Energiepolitik, die Sie zweifelsohne haben, außer­halb der Polemik in diesem Hause unter Beweis zu stel­len. Da können Sie sich ein bisschen mehr austoben als mit solchen Reden.

(Beifall bei der SPD)

Der Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Stärke und der Bewältigung der Aufgaben, die wir jetzt vor uns haben, liegt in der Frage, dass wir uns eben nicht zurücklehnen, sondern dass wir investieren.

Herr Kollege Krischer, Sie haben die Fratzscher-Kom­mission angesprochen. Zweifelsohne hat dieses starke Land eine ganze Menge zu tun, zu investieren, damit es auch langfristig ein starkes Land bleibt. Das betrifft öf­fentliche Investitionen, das betrifft privatwirtschaftliche Investitionen. Sie haben gesagt, da täte diese Bundes­regierung nichts – eine glatte Unwahrheit. Schauen Sie einmal in den Haushalt! Schauen Sie sich an, was wir getan haben, um Kommunen zusätzlich zu entlasten! Wir werden jetzt dafür sorgen, dass den Kommunen durch die Flüchtlingshilfe gezielt geholfen wird, damit diese Ent­lastung nicht wieder aufgefressen wird. 60 Prozent der öffentlichen Investitionen sind kommunale Investitionen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Dann machen Sie es doch endlich!)

Diese zu stärken und zu stützen, damit wir tatsächlich eine gute Infrastruktur, eine gute Daseinsvorsorge vor Ort haben, ist auch wirtschaftlich vernünftig und im In­teresse von kleinen mittelständischen Unternehmen in diesem Land.

(Beifall bei der SPD)

Genau das tun wir mit den zusätzlichen Paketen, die wir beschlossen haben, mit den 5 Milliarden Euro, die wir in diesem Jahr für die kommunale Entlastung zur Verfü­gung stellen.

(Beifall bei der SPD)

Zusätzlich unterstützen wir finanzschwache Kommu­nen, die strukturelle Probleme haben. Wir haben die Mit­tel im Bereich der Infrastruktur deutlich erhöht. Wir ha­ben zusätzlich 4,3 Milliarden Euro für Verkehrswege und digitale Infrastruktur. Auch das kann sich sehen lassen.

Nicht zuletzt bei Bildung und Forschung haben wir einen Rekordhaushalt, über den wir gleich noch reden werden. Es gibt über 16 Milliarden Euro für Bildung und Forschung in diesem Land.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Wir reden hier über Wirtschaft!)

Es geht nicht nur um physische Infrastruktur, sondern es geht um die Potenziale, die wir im Bereich Bildung und Bereich Forschung in diesem Land heben.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Die Investitionsquote geht zurück!)

– Nein, wir investieren mehr. Das kann man auch nicht verfälschen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Das sind die Zahlen von Herrn Schäuble!)

Sie haben gefragt, was wir für Energieeffizienz tun. Wir haben in diesem Haushalt zusätzlich 1,2 Milliarden Euro für Energieeffizienz.

Herr Kollege Krischer, ich weiß nicht, ob Sie evange­lischer oder katholischer Christ sind – an was Sie glau­ben, ist Ihre private Sache –, aber auch für Sie gilt der Satz: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]: Das stimmt einfach nicht!)

was die Frage der Investitionsquoten in diesem Haushalt betrifft.

(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da klatscht nicht einmal der Koalitionspartner! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Quote geht wirklich zurück!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, Deutschland ist ein starkes und mitfühlendes Land. Wir haben eine ganze Menge vor uns, damit dieses Land wirtschaftlich stark bleibt und damit es die Aufgaben in der Welt, die vor uns stehen, auch bewältigen kann: ob es die Frage der Digitalisierung ist, die Frage der Fachkräftesicherung, die Frage der Energiewende und auch die Frage, wie wir uns als exportorientiertes Land international aufstellen.

Dieses Land hat alle Chancen, das zu schaffen. Die Voraussetzungen sind ausgezeichnet. Wer aber, wie zu­mindest die Linkspartei, in diesem Land so tut, als sei Deutschland auf dem Weg in die Verelendung, der ist nicht nur am Lebensgefühl der Menschen vorbei, son­dern auch an der Realität. Es geht darum, berechtigte Hoffnungen zu machen und ohne Träumereien die harten Aufgaben anzugehen. Wir können das schaffen. Diese Bundesregierung leistet einen Beitrag, dass wir auf die­ses Land wirtschaftlich stolz sein können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)